Mit Game Based Thinking Lernprozesse spielerisch revolutionieren
Interview mit unserem Game Designer Marius Meißner

Lieber Marius, das Serious Game „SolarCity“ wird als Ergänzung zur klassischen Ausbildung von Photovoltaikanlagen Inspekteuren eingesetzt. Wie kann der Ausbildungsprozess mit einem digitalen Abenteuer erfolgreich begleitet werden?
„Serious Games können eine ideale Ergänzung zu klassischen theoretischen und praktischen Ausbildungselementen bilden. Reale Situationen aus dem Arbeitsalltag werden in einer digitalen Welt inszeniert. Am Beispiel „SolarCity“ ist sichtbar, wie wirkungsvoll Auszubildende dabei virtuell in die verschiedensten Szenarien eintauchen können. Das erlangte Wissen wird spielerisch trainiert und die Auszubildenden arbeiten an vielseitigen Problemlösungsstrategien. Und das ohne Bedenken schwerwiegende Fehler zu machen, die sich direkt negativ auswirken. „SolarCity“ ist ein Beispiel, wie mit Game Based Thinking Lösungen entstehen, die Unternehmen in der Personalentwicklung einen echten Mehrwert bieten.“
„Unsere espoto Game Based Thinking – Methode ist eine Mischung aus den Erfolgsmethoden Design Thinking und Game Based Learning. Auf dieser Grundlage entstehen unsere Serious Games – also kreative Spielkonzepte, die digitale Welten auf einer realistischen Grundlage erschaffen. Die User bilden sich spielerisch weiter und können mit Leichtigkeit komplexe Problemlösungsstrategien entwickeln. Das gibt Auszubildenden Sicherheit und macht gleichzeitig Spaß! Als passionierter Spieleentwickler und Erlebnispädagoge freue ich mich diese digitalen Lernprozesse spannend mitzugestalten.“
Wie können wir uns das Spiel aus Sicht des Users vorstellen?
„SolarCity“ ist ein Point & Click Adventure. Das Storytelling nimmt die Spieler in die fiktive Welt einer Stadt mit, in der es viele Anlagen erneuerbarer Energien gibt. Diese sollen von den Spielern inspiziert werden. Neben Rollen, Orten und der Grundstory haben wir uns anhand der bisher vorhandenen Lernelemente die konkreten Anforderungen an ein solches Spiel angeschaut und geeignete Spielmechaniken ausgesucht, sodass die vier verschiedenen Elemente, die es zu simulieren gilt, auch im Spiel zur Anwendung kommen. Dazu gehören Sichtprüfung, Messungen, Analysen und Interpretationen“
Das erfordert sicher eine intensive Abstimmung, um ganz nah an den eigentlichen Prozessen zu entwickeln. Wie seid Ihr in das spannende Projekt gestartet?
„Vor dem Projekt gab es ein Kennenlernen mit Teilnehmern der RENAC. Wir waren begeistert von deren Blended Learning Ansatz mit praktischen Workshops, inklusive verschiedener Versuchsaufbauten von Photovoltaik-Anlagen und den professionellen Online-Kursen mit anschaulichen Videos. Um hier genauer zu schauen, was auf diesem hohen Niveau noch verbessert werden kann, muss man sich das SAMR-Modell aus dem Bildungsbereich immer mit heranziehen, um zu schauen an welchen Stellen eine Erweiterung einen tatsächlichen Mehrwert bringen könnte.“
Infobox zum SAMR – Modell
„In den Gesprächen und den gemeinsamen Analysen wurde dann schnell klar, dass wir mit Hilfe von Gamification und Serious Games neue Lernzugänge für das Thema Photovoltaik-Inspektion erschaffen können, da hier abstrakte Modelle und vor allem Messverfahren und Fehlerursachen simuliert werden können. Aufgrund der Dezentralisierung von Lernprozessen können hier digitale Lernmedien – wie sie durch unseren Partner RENAC bereits in ihren Onlinekursen erprobt sind – durch den Zugewinn von Simulationen, die in dem eigenen Lernraum durchgeführt werden können, noch verbessert werden. Wir waren uns schnell einig, dass wir dieses Angebot mit der Entwicklung eines individuellen Serious Game optimal für die Ausbildungsprozesse ergänzen würden.“
Dazu hier unsere Bewertung mit dem SAMR – Modell zum Projekt „SolarCity“

Wie ist dann die konkrete Spielidee entstanden?
„Im nächsten Schritt ging es um die Entwicklung eines Spielkonzepts. Wir haben einen zweitägigen Workshop organisiert, in welchem unsere selbst entwickelte Methode namens Game Based Thinking – eine Mischung aus den Erfolgsmethoden Design Thinking und Game Based Learning – Anwendung fand. Mit Hilfe unserer praktischen Workshopcards zum Thema Game Design haben wir die E-Learning- & PV-Experten durch den Prozess geführt und so neben vielen Input zu Gamification, Game Based Learning auch intensiv mit dem Thema Storytelling vertraut gemacht. So gelang es mit Hilfe unsere Game Design Cards bereits innerhalb von 2 Tagen ein Spielkonzept zu entwerfen.“
„Mit den Ergebnissen des Workshops haben wir dann einen theoretischen Prototypen mit Hilfe des Visualisierungstools Articy erstellt. Zuvor haben wir uns intensiv mit der Arbeit des PV-Inspekteur auseinandergesetzt und uns inhaltlich in die Thematik eingearbeitet. Wir wollten von Grund auf verstehen, was Anfänger im Bereich PV-Inspektion wissen und können müssen. Anhand dessen haben wir Fragen und mögliche Szenarien entwickelt, aus diesen dann verschiedene Storystränge hervorgegangen sind.Da wir uns selbst in die Rolle begeben haben, gelang es uns eine kreative Welt auf einer realistischen Grundlage zu erschaffen. Nach und nach entwickelten wir die Stadt „SolarCity“ mit diversen Einsatzorten und spannenden Szenarien: so gab es einen Sturmschaden an einer Anlage auf dem Krankenhaus, Vandalismus auf einem Schuldach und komplizierte Isolationsfehler in einer Großanlage. Für die Plausibilität, die Arbeitsabfolge und konkrete Messwerte wurden wir durch einen langjährigen Experten aus dem Bereich Photovoltaik beraten.“



Wie habt Ihr das Projekt grafisch umgesetzt?
„Das war eine besondere Herausforderung. Zunächst wurden verschiede Arbeitsbereiche wie Büros, Labore oder Warenlager kreiert. Dann sind für die vielen Spielorte auch Charaktere hinzugekommen. In Absprache mit der RENAC haben wir uns für einen comichaften Stil –mit real getreuen visualisierten Messgeräten und PV-Anlagen – entschieden. Dabei haben wir mit viel Liebe zum Detail designt. Denn bei der PV-Inspektion kommt es auch in der Realität auf zahlreiche Details an.“

Wie lange dauerte die Entwicklung des Prototypen „SolarCity“?
„Nach einem halben Jahr der Ausarbeitung des Prototypen ging es dann in die praktische Umsetzung des Spiels. Hier sind wir dem Wunsch gefolgt und haben „SolarCity“ im System der RENAC gehostet. Ein Argument war hier auch die obligatorische Moodleintegration. So wurde das Projekt als Individualentwicklung mit Unity umgesetzt. Durch die gute visuelle und prozessorientierte Aufbereitung des Prototypen konnte so mit den Grundfeatures innerhalb eines halben Jahres das Spiel umgesetzt werden. Dazu gab es viele Testschleifen und Bugfixes.“
Was war im Entwicklungsprozess für Dich persönlich besonders spannend?
„Ich hatte in allen Bereichen, wie dem Storytelling und vor allem in der grafischen Ausarbeitung, viele wegweisende Learnings. Dabei habe ich während der Spielentwicklung tatsächlich so viel über Photovoltaikanlagen gelernt, dass ich mir zutrauen würde, selbst mal eine Anlage zu inspizieren.“
Was plant Ihr in Zukunft?
„Wir möchten unsere espoto Game Based Thinking – Methode für weitere Projekte anwenden und für die Entwicklung weiterer Spiele etablieren. Denn auf dieser Grundlage entstehen unsere Serious Games – kreative Spielkonzepte, die digitale Welten auf einer realistischen Grundlage erschaffen und mit denen sich die Anwender spielerisch weiterbilden, um mit Leichtigkeit komplexe Problemlösungsstrategien entwickeln zu können. Als passionierter Spieleentwickler und Erlebnispädagoge freue ich mich diese digitalen Lernprozesse spannend mitzugestalten und auch Unternehmen damit einen echten Mehrwert zu bieten. Und zu „RenaCity“ werden wir sicherlich noch weitere Szenarien zum bestehenden Spiel entwickeln.“